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Bühnen des Alltags... |
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Schneckenschmaus auf
Mallorquinisch |
Als die Fettaugen auf
dem in erdfarbenen Tönen schimmernden Sud zu tanzen begannen, war Figaro
schon fast überzeugt, die unvermutete Einladung zum Schneckenschmaus im
Kreis der Familie auch innerlich anzunehmen. Das fachkundige Abschmecken
der Hausfrau, das aufmunternde Vorkosten des Hausherrn gaben ihm
Zuversicht, diese besondere Initiation in die mallorquinische Küche
wohlbehalten zu überstehen.
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Neben ensaïmada
und sobrassada, neben trempó und sopes gehört die
caracolada im Kreis der Familie sicher zu den emblematischen Gerichten
der altmallorquinischen Küche. Hier auf der Insel, wenn die Frühjahrsregen
oder die Herbstgewitter die gepanzerten Kriecher in Scharen aus ihren
Verstecken treiben, nimmt
–
von den Touristen meist
unbemerkt und anders auch als in den Feinschmeckerlokalen in Barcelona
oder Paris
–
dieses Schauspiel nach
althergebrachten Regeln seinen Lauf. Figaro durfte dieses Ritual hautnah
miterleben, als ihm die Auszeichnung der Einladung zuteil wurde.
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Da wurden Tage zuvor
schon nach jedem Schauer die Viecher lustvoll von Maria abgesammelt und hingebungsvoll gesäubert, bevor sie, von ihrer Tochter Margarita in
duftende Kräuter gelegt und mit Schweinespeck und scharfen
Gewürzen angereichert, unter den fachkundigen Kommentaren der Umstehenden
in einer ausladenden Kasserolle im eigenen Sud auf kleiner Flamme bis zur Bissreife langsam vor sich hinköchelten. |
Und während Ignacio das alioli
mit
einer im Sud gekochten Kartoffel verfeinerte, ergingen sich seine Töchter
Marta und Clara in farbigen Worten über das Für und Wider dieses Gerichts.
Sollte Figaro im letzten Augenblick also doch noch umfallen, dann stand er
wenigsten nicht allein... |
Umgefallen ist er
nicht. Das familiäre Ritual der Zubereitung hatte ihm den anfänglichen
Schrecken längst genommen, ihn eintauchen lassen in die unbeschwerte
Heiterkeit dieser kleinen Familienfeier. Er wird Ignacio den Titel des
Schneckenkönigs wohl auch in Zukunft nicht streitig machen können. Aber
die Wärme und Herzlichkeit, die alle an der Tafel umschloss, hält er in
dankbarer Erinnerung. |
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